Niederbayern: Exkursion in die Gedenkstätte Mainkofen

Veranstaltungstermin: 
Samstag, 12. Oktober 2024 - 10:00
Referent: 
Jochen Rössler, Bezirksklinikum Mainkofen
Veranstalter: 
BLF-Bezirksgruppe Niederbayern

Die Bezirksgruppe Niederbayern unternahm eine Exkursion zur Gedenkstätte in Mainkofen. Dieser Besuch ermöglichte uns, sich tiefgehend mit der Geschichte der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt auseinanderzusetzen, die im 20. Jahrhundert zum Schauplatz nationalsozialistischer Verbrechen an psychisch kranken und behinderten Menschen wurde.

Die Führung begann mit einer Einführung durch den Leiter der Gedenkstätte, Herrn Jochen Rössler, in die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Anstalt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Einrichtung für die medizinische Versorgung und Pflege psychisch Erkrankter gegründet wurde. Im Laufe der Jahre wandelte sie sich jedoch zu einem Ort des Unrechts und der Grausamkeit, an dem Menschen unter dem NS-Regime systematisch verfolgt und in vielen Fällen ermordet wurden.

Die ersten gezielten Tötungen von Menschen mit Behinderungen begannen bereits im Herbst 1939 in Polen. In Mainkofen startete das systematische Morden Ende Oktober 1940. Zuvor waren bereits 500 Patienten zwangssterilisiert worden. Bis August 1941, als die sogenannte „Aktion T4“ unter anderem aufgrund des öffentlichen Protestes des Bischofs Clemens August Graf von Galen abgebrochen wurde, deportierten die Nationalsozialisten 600 Patienten aus Mainkofen in die rund 110 Kilometer entfernte Tötungsanstalt Hartheim bei Linz, wo sie ermordet wurden.

Doch auch nach der „Aktion T4“ setzte sich das Sterben in Mainkofen fort, als Pfleger und Ärzte arbeitsunfähige Kranke systematisch unterernährten durch eine fleisch- und fettlose „Diät“, die über 700 Menschen einen qualvollen Hungertod brachte.

Anhand von Dokumenten und Fotografien wurde den Exkursionsteilnehmern die menschenverachtende Ideologie des NS-Regimes verdeutlicht, die tausende Opfer in Mainkofen und anderen Pflegeanstalten forderte. Besonders eindrücklich war die Darstellung der persönlichen Schicksale einzelner Personen, die Herr Rössler vorstellte. Diese Geschichten gaben den Opfern ein Gesicht und machten das Ausmaß der Verbrechen auf eine eindringlich persönliche Weise erfahrbar.

Ebenso ging der Referent auf den Umgang mit diesen unvorstellbaren Verbrechen in der Nachkriegszeit ein. Auch das war ein dunkles Kapitel, war er doch geprägt von jahrzehntelangem Schweigen und Verdrängen. Erst in den letzten Jahrzehnten fand eine schrittweise Annäherung an dieses Thema statt, und Mainkofen entwickelte sich zu einem wichtigen Erinnerungsort in Niederbayern. Die Gedenkstätte Mainkofen engagiert sich heute intensiv für eine respektvolle Aufarbeitung dieser Geschichte und widmet sich dem Gedenken an die Opfer, wobei auch Bezüge zur modernen Psychiatrie thematisiert wurden.

In einer abschließenden Gesprächsrunde hatten die Teilnehmer Gelegenheit, ihre Eindrücke zu teilen und Fragen zu stellen. Dabei wurde deutlich, wie wichtig die Auseinandersetzung mit dieser belasteten Vergangenheit ist, um das Bewusstsein für unsere Verantwortung in Bezug auf Menschenrechte zu stärken.

Art der Veranstaltung: 
Exkursion, Ausflug
Region/zuständiger BLF-Bereich: 
BLF-Bezirksgruppe Niederbayern
Teilnehmerkreis: 
für BLF-Mitglieder; Gäste sind herzlich willkommen
Anmeldung: 
Anmeldung nicht erforderlich, jedoch erwünscht