Niederbayern-Stammtisch in Passau: Abdecker, Wasenmeister, Schinder
Wasenmeister ist, wie auch die bekanntere Bezeichnung Abdecker oder Schinder, eine frühere Berufsbezeichnung, die wir heute Tierkörperverwertung nennen würden. Die Bezeichnung Wasenmeister bezieht sich auf die Tätigkeit, Kadaver zu begraben und mit einem Rasenstück, dem Wasen abzudecken. Besser bekannt war der volkstümliche Name Abdecker. In der Jägersprache hat sich das Wort Decke für Fell erhalten. Der Abdecker war daher derjenige, der das Fell abgezogen hat. Weitere Bezeichnungen waren Schinder. Im Mittelalter wurde das Wort schinden für abhäuten verwendet, geht also auch auf die gleiche Bedeutung wie abdecken zurück. Durch den „Schinderhannes“ von Carl Zuckmayer ist der Begriff Schinder heute gut bekannt. Das Vorbild für diese Figur war Johannes Bückler, der aus einer Abdeckerfamilie stammte und schon in jungen Jahren ein berüchtigter Räuber wurde. 1958 wurde sein Leben verfilmt. In den Matriken scheint manchmal der lateinische Begriff excoriator auf, der übersetzt auch "Abhäuter" heißt.
Die allesamt nicht schmeichelnden Namen für diese einstigen Abfallentsorger weisen darauf hin, dass es sich um keinen angesehenen Beruf gehandelt hat, obwohl er für die Gesellschaft eine wichtige Funktion hatte, da er die Ausbreitung von Seuchen und Krankheiten verringert hat. Seine Arbeit konnte zudem lebensgefährlich sein, da man sich leicht infizieren konnte, etwa durch Milzbrand. Wasenmeister war wie manch anderer Beruf unehrlich.
In unterhaltsamer Weise erklärte der Referent, unser Vereinsmitglied Hans Matschek, den Anwesenden Hintergrund und Tätigkeiten der Abdecker sowie ihre Stellung in der Gesellschaft. Gerade die Zuordnung des Gewerbes zu den „unehrlichen Berufen“ hatte massive Auswirkungen sowohl auf die geographische, als auch auf die soziale Mobilität. Während niedergelassene Abdecker einen festen Bezirk und somit eine zuverlässige und gute Einnahmequelle hatten, war die Sicherung des Lebensunterhaltes der Wanderabdecker völlig unsicher - das Abgleiten in das kriminelle Milieu war gang und gäbe.
Heiraten waren, sowohl für niedergelassene, als auch für Wanderabdecker, nur innerhalb des eigenen Berufsstandes bzw. mit anderen Berufsgruppen der „unehrlichen Berufe“, möglich. Die Bildung großer Familienclans über Landesgrenzen hinweg war die Folge; verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Gruppen die Regel. Auch auf die Verflechtungen der Abdecker-Familien zwischen Bayern, Österreich und Böhmen ging Herr Matschek ein. In aufwendigen und akribischen Forschungen hat er über die Jahre viele Familienstrukturen herausgearbeitet und seine Ergebnisse in einer Datenbank gespeichert. Die Sammlung umfasst derzeit knapp 30.000 Datensätze.
Da der Vortrag ohne Präsentationsfolien geführt wurde, besteht leider keine Möglichkeit, Handouts zur Verfügung zu stellen. Um auch all denjenigen, die nicht am Vortragsabend teilnehmen konnten, einen kurzen Einblick in das Thema zu ermöglichen, wurden nachfolgend Unterlagen aus einer früheren Präsentation von Claudia Heigl eingestellt.
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