Altlutheraner in Australien - Auswanderer aus Preußen nach Australien Anfang des 19. Jh.
Rudi Bernatzky: „Die Familienbögen des Stadtarchivs Nördlingen“: Rudi Bernatzky forscht seit Jahren im Nördlinger Raum und hat nun 4515 Familienbögen von 1790-1910 bearbeitet, indiziert und stellt sie auf CD zur Verfügung. Die CDs waren innerhalb von wenigen Minuten verkauft. Die Familienbögen wurden von den Mormonen verfilmt und sind im Internet einsehbar. Er erklärte den Aufbau der Familienbögen und ging auf die Besonderheiten der Archivalien ein, auch zeigte er im Internet, was man so alles über Nördlingen bei den Mormonen finden kann – eine Schatzgrube.
Peter Lingnau sprach schon einmal über die Familie Gladigau, die im 19. Jahrhundert nach Australien auswanderte. Bei der Recherche zu dem Vortrag kam die Frage auf: Warum wanderte die Familie zusammen mit Hunderten nach Australien aus?. Die Hintergrundforschung führte über die Bevölkerungsentwicklung (Steigerung um 100 % in 100 Jahren) und den damit verbundenen Folgen, wie mangelnde Versorgung mit Lebensmitteln bis zu „Glaubensproblemen“. Zuerst ging er auf die Bevölkerungssteigerung ein. Aufgrund der geänderten Rechtslage, Aufhebung der Leibeigenschaft, konnte die bäuerliche Unterschicht heiraten und Familien gründen. Durch einen Vulkanausbruch auf Sumbawa (1816 das Jahr ohne Sonne) kam es zu Missernten und Hungerjahren. Ein weiterer Grund waren „Konfessionsprobleme in Preußen“. Er begründete die Entwicklung der Freikirche, ev.-luth. Kirche = Altlutheraner. Der Direktor der South Australian Company, George F. Angas und Pastor Kavel förderten die Kolonialisierung in South Australien mit dem Ziel der Neugründung der Gemeinde Klemzig dort. Das Dorf Klemzig in Preußen wurde von Pastor Kavel betreut, bis dieser nach England ging und dort heiratete. Er hatte aber weiterhin Kontakt zur Gemeinde in Preußen und förderte die Auswanderung.
Peter Lingnau schilderte die Probleme der Auswanderung. Die preußische Regierung erschwerte durch immer neue Forderungen die Auswanderung, so dass es sich über ein Jahr hinzog, bis endlich am 8. Juni 1838 die Einschiffung begann. Von der Oder durch den Friedrich-Wilhelm-Kanal und der Elbe ging es per Schiff nach England. Auf vier Schiffen wagten über 500 Männer, Frauen und Kinder die monatelange, sehr beschwerliche Überfahrt nach Australien, etliche Todesfälle waren zu beklagen. Das Tagebuch des Kapitäns der „Zebra“ schildert sehr eindrücklich die Verhältnisse auf dem Schiff, einige Passagen des veröffentlichten Buches wurden vorgelesen. Von 6 Millionen Auswanderern führte für 70.000-80.000 der Weg nach Australien. Mittels Zeitungsberichten wurde über die Erfahrungen der Auswanderer, den Bedingungen und den Problemen berichtet. Auf einige Artikel ging der Referent genauer ein. Auch über die Ansiedlung wurde berichtet, sogar Bilder des neugegründeten Ortes wurden gezeigt. Inzwischen gibt es im Internet eine Seite mit der Liste aller Schiffe incl. der Passagierlisten, verlinkt bei GenWiki – dies wurde online demonstriert. Herr Lingnau fand einen Artikel über den 90. Geburtstag von Mrs. Gladigau incl. deren Lebensgeschichte, Geburtstagsgästen usw. in mehreren Zeitungen und zeigte dieses einmalige Dokument. Zuletzt erläuterte er die Quellenlage, demonstrierte die Onlinesuche bei Trove (https://trove.nla.gov.au/), GenWiki und berichtete von einem Institut in Stuttgart mit einem umfangreichen Literaturarchiv zu Australien.
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